Vortrag Rettet den Boden
Di., 5.11., 19 Uhr „Rettet den Boden“ – Vortrag & Diskussion mit Florian Schwinn, Autor und Journalist zur Humuswende. 50 Besucher*innen diskutieren mit.
„Rettet den Boden“
In einem Kubikmeter gesunder Erde gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der ganzen Welt,
so Florian Schwinn bei einer Veranstaltung des Klimabündnis Bergstraße in Bensheim
Der bekannte Radiomoderator und Autor Florian Schwinn referierte in Bensheim über sein Buch „Rettet den Boden“ vor über 50 Besuchern im Saal der Laurentiusgemeinde. Eingeladen hatte das Klimabündnis und die BUND-Ortsgruppe Bensheim. Leicht verständlich, anschaulich und gleichzeitig sehr fundiert berichtete er von dem Leben im Boden und wie zentral dieses für unser Überleben ist. Langfristig ist die Fruchtbarkeit der Ackerböden von
diesen Lebewesen abhängig. Die bekanntesten, die Regenwürmer, ziehen Blätter und ähnliches Material nach unten. Durch ihre Verdauung entsteht Humus. Schon Darwin hatte die Entstehung der Ackererde und die Vorteile für die darin wachsenden Pflanzen durch die Arbeit der Würmer beschrieben. Dazu kommt eine Vielzahl verschiedener Lebewesen. Hundertfüßer, Asseln, Spinnen, Schnecken, Käfer und Käferlarven, Zweiflügler Larven. Die kleineren sind Weißwürmer, Milben und
Springschwänze. Noch kleinere sind Fadenwürmer, Wimpertierchen, Wurzelfüßer, Geiseltierchen, Amöben und Bärtierchen. Dazu kommen Milliarden von ganz Winzigen: Algen, Pilze und Bakterien.
Durch immensen Flächenverbrauch und durch eine Landwirtschaft, die durch immer schwerere Maschinen den Boden verdichtet, geht immer mehr fruchtbarer Boden verloren. Besonders durch die Versiegelung von Flächen sind die Böden unwiederbringlich verloren, da sie abgetragen und mit
Baukies ersetzt werden. Die konventionelle Landwirtschaft reduziert zudem durch den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden die Bodenlebewesen. Dadurch nimmt der Humusgehalt immer weiter ab und die Bodenorganismen verhungern. Wendende Bodenbearbeitung (Pflügen) führt zu einer Verwerfung der Bodenschichten. Da Bodenlebewesen immer auf bestimmte Bodenschichten spezialisiert sind, wird deren Lebensraum verändert und die Effektivität der „Bodenarbeiter“ gesenkt. Florian Schwinn verglich es mit einem Sturm, der in jedem Jahr das Dach eines Hauses wegreißt. Der Einsatz schwerer Maschinen zur Bearbeitung und Ernte führt zu tiefen Verdichtungen der Böden, die nicht mehr aufgearbeitet werden können.
Der strickte Anbau von Monokulturen führt außerdem zu starker Erosion, da große Ackerflächen zwischen den Kulturen und nach der Ernte über längere Zeiträume brach liegen. Es entstehen Erosionsrinnen oder Winderosionen nach der Ernte. Die Humusschicht ist dann unwiederbringlich durch Wind oder Wasser verloren und kann nur mit viel Arbeit wieder aufgebaut werden.
Dass es andere Möglichkeiten des Anbaus gibt zeigen Beispiele aus der Biolandwirtschaft weltweit. Eine ständige Bedeckung des Bodens schützt die Organismen und sorgt für Humusaufbau. Die Bodenlebewesen danken dies, indem sie dazu beitragen, strukturstabile und nährstoffreiche Böden zu erhalten bzw. zu bilden. Außerdem speichern sie Wasser in Trockenzeiten, das dann an die Pflanzen abgegeben werden kann. In dieser gesunden Symbiose mit den Mikroorgansimen können Pflanzen nährstoffreich und gesund ohne chemische Düngung, Pestizide und mit wenig oder gar keiner Bewässerung wachsen und damit unsere Ernährung sichern. Anschaulich zeigte Schwinn einen biologisch angebauten Maisacker auf humosem, gesunden Boden im trockenen Sommer 2018, der viel größere und gesündere Pflanzen wachsen ließ, als der Maisacker eines konventionell arbeitenden Bauers wenige Meter nebenan. Nicht zuletzt führt eine Erhöhung des Humusgehaltes außerdem zu einer umfangreichen Einlagerung von CO2, was sich positiv auf den Klimawandel auswirken würde.
Nach dem Vortrag entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, an der sich auch Landwirte (sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende) beteiligten. Dass darüber hinaus auch viele Menschen ohne landwirtschaftlichen Hintergrund teilnahmen, zeigte, dass die Brisanz dieses Themas vielen Menschen an der Bergstraße bewusst ist. Denn wenn das Leben unter unseren Füßen stirbt, dann wird sich der Mensch nicht mehr lange von diesem Boden ernähren können. Die Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft des Klimabündnis wird zum Thema weiter diskutieren, um Lösungsmöglichkeiten bei uns im Kreis Bergstraße zu finden.