Klimaimpuls: Die Autobahn verbreitern?
Von Otto Merkel, 22.1.21
Am 19.1.21 veröffentlichte der Bergsträßer Anzeiger einen Artikel über die neue Bahntrasse und fügte eine große Fotomontage hinzu. Auf der war zwischen bestehender Autobahn A 67 und der geplanten Bahntrasse ein Streifen eingezeichnet, auf dem „Autobahnverbreiterung“ stand.
Mir ist das zuerst gar nicht aufgefallen. Abends in einem Treffen des Klimabündnis hat jemand darauf aufmerksam gemacht.
Wie selbstverständlich wird damit angenommen, dass der Autoverkehr weiter zunehmen wird. Im Sinne der üblichen Fortschreibung laufender Trends ist das ja wahrscheinlich richtig. Von der zunehmenden Erderhitzung aus gesehen, ist das jedoch absurd.
Es ist wichtig, dass wir in unserem Kopf dies als wirklich verrückte Idee überhaupt erkennen. Wenn wir die Erderhitzung auch nur halbwegs stoppen wollen, müssen wir den Autoverkehr reduzieren, auch wenn er dann demnächst mit Batterien oder Brennstoffzellen erfolgt. Wir müssen den Güterverkehr viel mehr auf die Bahn verlagern und durch mehr lokale und regionale Produktion auch insgesamt reduzieren. Auch der PKW-Verkehr muss drastisch reduziert werden zugunsten von Bahn, Bus, Fahrrad und Fuß. Das Wuppertal-Institut hat im letzten Herbst im Auftrag der Fridays for Future ein Gutachten zu der Frage erstellt, was in Deutschland getan werden muss, um das 1,5°- Ziel noch zu erreichen. Darin schreibt es, dass der PKW-Verkehr bis 2035 um 50% reduziert werden muss.
Vielleicht ist das erklärungsbedürftig. Viele denken ja, na gut, da stellen wir halt auf E-Autos um, die Laster vielleicht auf Brennstoffzellen. Damit sind wir doch klimaneutral. Und gut ist’s.
Die seitherige Erfahrung zeigt, dass die technologische Entwicklung hin zu sparsamerem Verbrauch von Treibhausgasen oder Material damit einhergeht, dass die Einsparungen an anderer Stelle wieder aufgefressen werden. E-Autos werden z.B. groß und schwer wie SUVs gebaut mit entsprechend großen und schweren Batterien – und damit viel aufwendig zu gewinnenden Materialien wie Lithium – statt kleine und leichte Autos zu produzieren. Insgesamt ist nicht ausschlaggebend für den Klimaschutz, um wieviel klima- und umweltfreundlicher ein Gerät ist, sondern wie jeder einzelne Mensch die klimafreundlicheren Geräte benutzt. Also auch, wie viele er hat und wie ausgiebig er sie benutzt. Die persönliche CO2-Bilanz oder der ökologische Fußabdruck jeder Person ist entscheidend. Die müssen radikal runtergehen!