Klimaschutzkonzept des Kreises: Jetzt engagiert umsetzen!
Das Klimabündnis Bergstraße diskutierte auf seinem digitalen Monatstreffen am 23. November gemeinsam mit dem Klimaschutzmanager des Kreises, Reiner Pfuhl, über das Klimaschutzkonzept des Kreises. Das mehr als 400 Seiten starke Werk stellt eine Art Fahrplan zur Klimaneutralität für den Kreis Bergstraße dar. Auch Mitglieder des Klimabündnisses waren als Ideengeber im Nachhaltigkeitsbeirat mit an der Erstellung beteiligt. Das Klimabündnis ist ein Zusammenschluss aus engagierten Institutionen und Privatpersonen, die sich für ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen im Landkreis einsetzen.
Zu Beginn stellte Herr Pfuhl das Konzept detailliert vor. Es ist in die Handlungsfelder Energie, Wärme, Mobilität und Gesellschaftlicher Wandel untergliedert und besteht neben dem rund 200-seitigen, mit vielen fundierten Daten ausgestatteten Bericht aus einem etwa gleichstarken Maßnahmenkatalog, in denen die avisierten Projekte skizziert sind, mit denen der Klimakatastrophe begegnet werden soll. „Allein der Umfang dieses Pakets verdeutlicht, dass für dessen Umsetzung erhebliche Energie aus allen Bereichen unserer Gesellschaft und auf allen Verwaltungsebenen nötig ist. Sehr lobenswert ist daher, dass der Kreis sich neben Bereichen, für die er explizit zuständig ist, auch außerhalb hiervon koordinierend engagieren möchte“, so Peter Castellanos, der im Namen des Klimabündnisses das Engagement der Verwaltung über den eigenen Tellerrand hinaus würdigte.
Mehr Tempo bei Solarenergie nötig
Nach der Vorstellung des Konzeptes entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Es gab viel Lob, aber auch kritische Anmerkungen. So wurde positiv vermerkt, dass der Ausbau der Solarenergie in hohem Umfang vorangetrieben werden soll. Auch zur Bestückung seiner eigenen Liegenschaften werden Aussagen im Konzept getroffen. Auf Unverständnis stieß allerdings, dass der Kreis die Bestückung der Flächen auf seinen Liegenschaften, insbesondere der Schuldächer, ausschließlich selbst betreiben will. Dadurch werde der Prozess enorm verlangsamt; denn die für die entsprechende Organisationseinheit beim Kreis notwendigen Stellen müssten zunächst mit qualifiziertem Personal besetzt werden. Viel zügiger könnte z.B. eine Kooperation mit einer Energiegenossenschaft den Ausbau der Solarenergie voranbringen, über die der Kreis zusammen mit Bürgern und Kommunen von den Erträgen profitieren könnte.
Ausbau der Windkraft unverzichtbar
Dass nur ein recht beschränkter Ausbau der Windkraft – der leistungsfähigsten aller erneuerbaren Energieerzeuger – vorgesehen ist, stach sehr negativ ins Auge einiger Diskussionsteilnehmenden. Laut dem Teilplan für erneuerbare Energien (TPEE) könnten noch 16 zusätzliche Windräder auf den ausgewiesenen Vorrangflächen im Kreis gebaut werden. Das werde bei Weitem nicht ausreichen, vor allem die Versorgung in den Wintermonaten werde erheblich erschwert. „Ohne weitere Windräder wird es nicht möglich sein, die Energiegewinnung im Kreis klimaneutral zu gestalten. Die geplanten Zukäufe von Außerhalb lösen das Problem nicht, sondern verlagern es nur auf andere Regionen“, betonte Micha Jost, Geschäftsführer der Energiegenossenschaft Bergstraße. Würden sich alle Kreise, Länder, Staaten und Kontinente so verhalten, fahre die Erde zwangsläufig auf Verschleiß, merkte ein weiterer Teilnehmer der Runde an und plädierte für eine ambitionierte Haltung des Kreises zugunsten einer größtmöglichen Selbstversorgung.
„Wir unterstützen die Windkraft in allen Kommunen, in denen sie gewollt ist“, machte Pfuhl die Position des Kreises deutlich. Den geäußerten Vorschlag, ein Netzwerk von Windkraft-Befürwortern, die in der öffentlichen Diskussion nicht ausreichend gehört würden, aufzubauen, nimmt er mit, ebenso – als möglichen Auftakt hierfür – eine Besichtigung des Bürger-Windrades der Energiegenossenschaft Starkenburg in Neckarsteinach für die Verwaltungsspitze des Landratsamtes, die Jost angeboten hat.
Als weitere Maßnahmen wurden die Dämmung von Gebäuden sowie die Umstellung auf erneuerbare Wärme, insbesondere durch Wärmepumpen, diskutiert. Dies betrifft sowohl kreiseigene Liegenschaften als auch private, gewerbliche und kommunale Gebäude.
Agrarsektor im Konzept nur unzureichend berücksichtigt
Besonders unzufrieden ist das Klimabündnis damit, dass das vorliegende Konzept kaum bis gar keine Aussagen zur Land- und Forstwirtschaft trifft. „Die Agrarwende ist für den Klimaschutz und die Erhaltung der Biodiversität, von großer Bedeutung“, macht Birgit Rinke von Gemeinsam Wirtschaften e.V. deutlich. Herr Pfuhl räumte hierauf ein, dass sich ein Klimaschutzkonzept stark auf Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch fokussiere und der Agrarsektor nur reflektierend beleuchtet wurde. Dies hänge in erster Linie an den Fördervorgaben des Bundes, die diesen Themenbereich nicht als verpflichtenden Bestandteil von Klimaschutzkonzepten vorsehen und dem gleichzeitig sehr begrenzten Zeitfenster für die Konzepterstellung. Außerdem habe die Landwirtschaft im Kreis Bergstraße im Vergleich zu den anderen Bereichen vergleichsweise geringe Emissionen. Dennoch sicherte Herr Pfuhl zu, den Agrarsektor zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der weiteren Nachhaltigkeitskonzeption stärker in den Fokus zu nehmen.
Fortsetzung der Diskussion im neuen Jahr
Die Zeit reichte nicht aus, um alle Themen zu Ende zu diskutieren. So wurde vereinbart, sich am Dienstag, 11. Januar 2022 erneut zu treffen, um die Themen Mobilität und Gesellschaftlicher Wandel vertieft diskutieren zu können. Alle Interessierten können sich unter info [at] klimabuendnis-bergstrasse.de zur Teilnahme an dem digitalen Treffen anmelden.