Mehr Durchblick …Ein wegweisender Vortrag von Christoph Rumler beim Klimabündnis
Beim letzten Treffen des Klimabündnis Bergstraße präsentierte Christoph Rumler einen sehr interessanten und aufschlussreichen Vortrag über die verwirrenden Zusammenhänge von Energiemarkt und Strompreisen und mögliche Auswege.
Er legte überzeugend dar, dass wir auch bei Dunkelflaute (kein Strom aus Windkraft und Photovoltaik) und ohne Kernenergie immer noch 25% mehr Kapazität an Kraftwerken haben als in der Spitze gebraucht werden. Die Kernenergie spielt eine so geringe Rolle, dass sie für die Versorgungssicherheit praktisch so gut wie nicht gebraucht wird. Wenn man bedenkt, dass vorgeschriebene Sicherheitsuntersuchungen bei Kernkraftwerken unterlassen wurden mit der Aussicht, dass sie zum Jahresende abgeschaltet werden, ist auch unter Sicherheitsaspekten der Weiterbetrieb problematisch und insgesamt unvernünftig. Die Behauptung, durch den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke würde der Strom billiger, ist völlig aus der Luft gegriffen.
Christoph Rumler erklärte, dass die Funktionsweise der Strompreisbörse für die Erneuerbaren Energien denkbar schlecht geeignet ist. Sie ist eine Warenterminbörse. Das heißt, man muss wissen, wann welche Energiemengen angeboten und nachgefragt werden sollen. Fossile Kraftwerke und Kernkraftwerke können das gut. Aber woher soll man wissen, wieviel Wind in einem bestimmten zukünftigen Zeitraum weht oder wieviel Sonne dann gerade scheinen wird? So werden die volatilen Strommengen aus Wind und PV bei der Vermarktung benachteiligt. Besonders unsinnig gerade jetzt bei den hohen Gaspreisen ist, dass die hohen Preise für das Erzeugen von Strom mit Gas auf die Gesamtmenge des Stroms übernommen werden. Während 80% des Stroms nicht von den Preissteigerungen des Weltmarkts betroffen sind, steigen die Strompreise enorm an, vor allem wegen der extrem hohen Kosten der Stromerzeugung mit Gas. Nach dem Merit-Order-Modell bestimmen die jeweils höchsten Erzeugungskosten eines Energieträgers den Strompreis aller Strommengen – auch der Mengen, welche keine Brennstoffkosten haben. Zum Ausgleich der Schwankungen des Strombedarfs und der Schwankungen der Erneuerbaren muss immer ein kleiner Teil des Stroms mit Gas produziert werden. Denn Gaskraftwerke können je nach Bedarf schnell hoch- und runtergefahren werden. Christoph Rumler brachte die Idee ins Spiel, der Staat sollte nur diese besonders hohen Kosten der Stromerzeugung mit Gas direkt bei den Kraftwerksbetreibern ausgleichen. Das käme insgesamt wesentlich billiger. Denn der meiste produzierte Strom – 80% in diesem Jahr – ist bei der Erzeugung nicht von Preissteigerungen betroffen, denn er kommt hauptsächlich von den Erneuerbaren, zu 20% von der Braunkohle und zu wenigen Prozent noch von der Kernenergie. Und innerhalb dieses günstig produzierten Stroms sollten alle Anstrengungen unternommen werden, den Anteil der Erneuerbaren schnell zu erhöhen und damit den Braunkohle- und den kleinen Kernenergieanteil zu ersetzen.
Wenn man darüber nachdenkt, wie denn die Umstellung auf Erneuerbare finanziert werden kann, so sind folgende Fakten wichtig. Bundesbürger verfügen insgesamt über 7.600 Mrd. Euro an Geldvermögen, 2.500 Mrd. davon auf Bankkonten. Durch die Inflation gehen davon zurzeit jährlich 250 Mrd. verloren! Das sind ungeheure Summen, wenn man bedenkt, dass in den letzten 20 Jahren für den ganzen bisherigen Aufbau der Erneuerbaren in Deutschland 330 Mrd. investiert wurden. Wenn man die Bürger dazu gewinnen könnte, zumindest einen Teil ihres Vermögens über Genossenschaften in Erneuerbare zu investieren, könnte deren schneller Ausbau leicht finanziert werden – ohne zusätzliches Steuergeld und ohne Kosten für die Wirtschaft. Das wäre für das Klima gut und würde sich auch finanziell rentieren. Es wäre eine sichere Anlage, denn Energie wird immer gebraucht werden. Es ließe sich sogar ein Zusatzrente damit aufbauen.
Christoph Rumler meinte: „Die Politik hat sich in der Lage gezeigt, ohne jegliche Vorlaufzeit und Auflagen LNG-Terminals an der Küste zu bauen und das mächtige Atomgesetz zu ändern, damit die AKW ohne die eigentlich zwingend erforderlichen Genehmigungsschritte weiter betrieben werden können.
Diesen politischen Willen kann man gleichwertig auch beim Ausbau der Erneuerbaren Energien einfordern! Erneuerbare Energie-Anlagen werden seit Jahren mit immer höheren Auflagen ausgebremst. Hier muss eine Taskforce gebildet werden, die schnell Lösungswege aufzeigt, wie man diese Bremsen lösen kann. Baugenehmigungen für Windkraftanlagen können auch schon vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens erteilt werden. Die hohen Auflagen bei Genossenschaftsprojekten können ausgesetzt werden. Auch die über 50 bremsenden Regelungen beim Photovoltaik-Ausbau müssen geprüft und aufgegeben werden. Hier hat die Bundesregierung Sonderrechte einzuräumen (ähnlich wie beim Kohletagebau).
Es war ein großer Fehler die Photovoltaik- und die Windkraftanlagen-Industrie ins Ausland zu vertreiben. Diese Wirtschaftszweige müssen nun ebenso gefördert werden, wie beispielsweise die Wasserstoffwirtschaft, die erst viel später Bedeutung erreichen wird. Diese Anlagen sollten wir hier in Deutschland bauen und nicht alles importieren, sonst droht die nächste Abhängigkeit.
Die Bundesregierung könnte neue Finanzierungsmodelle für Erneuerbare Energien ermöglichen, um das tote Kapital zu nutzen oder eine sicher finanzierte Zusatzrente aus den Einnahmen der finanzierten Erneuerbaren Energie-Anlagen aufzubauen.“
In der anschließenden Diskussion zeigte sich eine große Skepsis in das geforderte entschlossene Handeln der Politik. Die Erfahrung sei ganz überwiegend, dass die Politik dem großen Geld folgt. Es sei eine große Ausnahme gewesen, dass damals um die Jahrtausendwende das Erneuerbare Energiegesetz durchkam und es war auch stark das persönliche Verdienst von Hermann Scheer. Dazu kam, dass man die Erneuerbaren enorm unterschätzt hat und sie für eine kleine Spielwiese hielt. Nachdem die Erneuerbaren eine enorme Entwicklung hinlegten und die alten fossilen Konzerne erkannten, wie ihre Geschäftsmodelle bedroht werden, steuerte dann um etwa 2010 auch die Politik wieder um und man legte den Erneuerbaren immer mehr bürokratische Steine in den Weg, der Ausbau verringerte sich, die PV-Industrie ging weitgehend zugrunde und in den letzten Jahren auch die Windindustrie, so dass Anlagen heute importiert werden müssen. Auch wenn die Hoffnung nicht groß ist, so ist doch festzustellen, dass die neue Bundesregierung anfängt, Hemmnisse zu beseitigen und es ist zu hoffen, dass sie bei der Vielfalt der Krisen da weitermacht. Sehr wichtig erscheint, die eigenen lokalen Möglichkeiten auszuschöpfen. So ist etwa die Arbeit der BürgerSolarBerater sehr hoch einzuschätzen.