Für Wohnungen sorgen ohne Flächen zu versiegeln – von Otto Merkel
Es gibt in Bensheim eine Initiative, die sich „Rettet Bensheim“ (www.rettet-bensheim.de) nennt und die das Ziel hat, eine „Südstadt“ zu verhindern. Das ist der Plan, Richtung Heppenheim, südlich der Schwarzwaldstraße, zwischen der B3 und der Bahn, bis hin zu den Kleingärten, ein neues Wohngebiet vorzusehen. Das Ziel dieser Initiative ist auf jeden Fall zu unterstützen. Dass man damit gleich Bensheim „rettet“, finde ich unpassend, eher rettet man ein Stück Natur und Boden.
Kommunalpolitiker sind oft in der Situation, dass sie wichtige Ziele verfolgen müssen, die im Widerspruch zueinanderstehen. So kann es passieren, dass man dringend benötigte Wohnungen schaffen will und das so wichtig nimmt, dass der Schutz des Bodens hinten runterfällt. Weil man denkt, dass man halt bauen muss.
Ich finde, man sollte vielfältiger nach Lösungen suchen.
Die „Bürger für Bensheim“ haben vor einiger Zeit einmal eine ganze Reihe von Möglichkeiten vorgeschlagen, wie man Wohnraum schaffen kann ohne neue Flächen außerhalb zu versiegeln. Warum kann man denn nicht Wohnungen bauen durch Aufstockung von Einkaufszentren – und dabei die Dächer gleich noch mit Solaranlagen bestücken? Warum versiegelt man so viele große Flächen, nur damit da Autos gelegentlich drauf rumstehen können? Sind die denn wichtiger als Menschen, die Wohnungen brauchen? Vielleicht kann man da ja auch Wohnungen drüber bauen, wenn man die armen Autos nicht gleich obdachlos machen will?
Es gibt einen Aspekt, der sicherlich nicht einfach anzugehen ist, an den man aber auch denken sollte: Muss denn die Wohnfläche pro Person auch in der Zukunft immer weiter steigen wie seither? (1998 38m², 2019 47m²). Wenn man Kinder bekommt, steigt der Bedarf an Wohnfläche. Wenn sie ausgezogen sind, man vielleicht auch noch den Partner verloren hat, braucht man nicht mehr so viel. Manche älteren Menschen leben allein in einem Haus, das früher für eine ganze Familie gebaut oder gekauft wurde, ein Haus, an dem die Bewohner verständlicherweise hängen, das sie aber in der Größe gar nicht mehr richtig bewohnen können, vielleicht auch den Garten kaum noch pflegen können. Und einen Teil zu vermieten geht wegen des Zuschnitts der Zimmer nicht. Was macht man, solchen Menschen zu helfen, eine kleinere und barrierefreie Wohnung anzubieten – möglichst in der Umgebung – und sie zu motivieren, umzuziehen? Damit würde man Wohnungsleerstand abbauen und bedarfsgerechtes Wohnen ermöglichen – ohne Neubau.
Ich war die letzten Monate in einer AG Flächenschutz beteiligt und wir haben eine Resolution ausgearbeitet, die am 16.1.21 auf der 2. Biodiversitätskonferenz zur Abstimmung steht. Da haben wir eine Menge ausgeführt, wie wichtig es ist, den Boden zu schützen und was die Kommunalpolitik tun kann, weiteren Flächenverbrauch zu stoppen.
Ergänzung vom Klimabündnis: Jede/r interessierte Bürger*in kann an der Biodiversitätskonferenz am Samstag (Online) teilnehmen. Informationen hier: